Reakel Admin
Anzahl der Beiträge : 638 Anmeldedatum : 09.11.13 Ort : Schreib- und Autorenforum
| Thema: Gedankengänge, wie stellt man sie dar? Sa 18 Jan - 4:20 | |
| Mich hatte wer darauf angesprochen, darum stelle ich kurz die Möglichkeiten vor, die ich kenne - wenn wer anderes noch mehr Varianten kennt, dann her damit!
- Wörtliche Rede: Man kann Gedankengänge mittels der Wörtlichen Rede darstellen, also zum Beispiel nach dem Schema:
- Beispiel schrieb:
- "Hoffentlich merkt er mir meine Nervosität nicht an", schoss ihm durch den Kopf. "Wenn er das merkt, bin ich geliefert!"
Aber für den Leser können diese Anhängsel "[...], dachte er" oder "[...], fiel ihm ein" auf Dauer sehr ermüdend wirken, und man kann die Anhängsel oft auch nicht einfach wie bei einem Dialog weglassen, da man sonst nicht weiß, ob er das in der wörtlichen Rede nur denkt oder doch ausspricht ... viel üblicher und vor allem lesbarer ist die nächste Variante:
- Normale Sätze, ohne Wörtliche Rede: Man muss die Gedankengänge nicht mittels Anführungszeichen kennzeichnen, man kann sie bei Gedanken auch einfach weglassen:
- Beispiel schrieb:
- Hoffentlich merkt er mir meine Nervosität nicht an, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn er das merkt, bin ich geliefert!
Man integriert die Gedanken einfach in den Fließtext. Diese Variante geht aber nur bei der personalen Erzählperspektive oder dem Ich-Erzähler, also, wenn man nur aus der Sicht von einer Person schreibt. Die Begleitsätze wie im obigen Beispiel "schoss es ihm durch den Kopf" kann man bei Bedarf auch einfach weglassen, und trotzdem weiß der Leser (meist), dass es Gedankengänge sind. Aber wenn man auf Nummer sicher gehen will, gibt es noch eine Möglichkeit:
- Kursivdruck: Es ist eigentlich genau wie die vorangegangene Variante, nur, dass man die Gedankengänge kursiv schreibt, damit sie sich vom restlichen Text abheben:
- Beispiel schrieb:
- Hoffentlich merkt er mir meine Nervosität nicht an, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn er das merkt, bin ich geliefert!
Diese Variante klappt aber auch nur bei der personalen Erzählperspektive oder dem Ich-Erzähler, wobei heutzutage fast jedes Buch in einer der beiden Perspektiven geschrieben ist. Auch hier kann man einfach die Begleitsätze weglassen, sogar noch gelassener als oben, da durch den Kursivdruck dem Leser hundertprozentig signalisiert wird, dass es ein Gedanke des Protagonisten ist.
- Halbe Anführungszeichen: Manche Autoren kennzeichnen die Gedankengänge wie bei der ersten Variante als Wörtliche Rede, nur mit den Unterschied, dass sie halbe Anführungszeichen statt normalen Anführungszeichen verwenden:
- Beispiel schrieb:
- 'Hoffentlich merkt er mir meine Nervosität nicht an', schoss ihm durch den Kopf. 'Wenn er das merkt, bin ich geliefert!'
Dadurch kann man die Gedankengänge von den Dialogen unterscheiden ... aber diese Variante wird nur sehr selten verwendet, und wird vom Setzer auch nicht gerne gesehen, da er sie aus arbeitstechnischen Gründen löschen muss.
Guillemets: Statt den normalen Anführungszeichen werden auch oft Guillemets bzw. Chevrons, umgangsprachlich "Französische Anfürhungszeichen", verwendet ( klick) Welche Variante wird am häufigsten Verwendet? Erst einmal hängt das ganz entschieden vom Genre und persönlichen Schreibstil bzw. der Perspektive ab. Sofern man in der personalen Erzählperspektive oder dem Ich-Erzähler schreibt, was heutzutage die meisten Autoren machen, ist die Variante Normale Sätze, ohne Wörtliche Rede am verbreitetsten. Aber auch den Kursivdruck findet man immer häufiger, vor allem in Thrillern, zum von Beispiel Sebastian Fitzek. Bei manchen Verlagen ist der Kursivdruck unbeliebt, zumindest kursiert manchmal dieses Gerücht; vielleicht liegt es daran, dass man das Kursive auch manchmal für andere Verwendungszwecke wie das Kennzeichnen oder Betonen bestimmter Wörter verwendet ... vielleicht war ganz früher das Drucken von kursiven Buchstaben schwieriger und oft von Fehlern begleitet (was heutzutage definitiv nicht mehr so ist, der Kursivdruck ist schon lange ohne Aufkosten problemlos möglich). Auch sehen manche das Kursive als die unelegante "Holzhammermethode", da eigentlich aus dem Kontext und der Perspektive hervorgehen sollte, dass es Gedanken sind und wer sie denkt. Andererseits ist der Kursivdruck manchmal ganz geschickt, da dadurch die Gedanken betont werden ... da hat jeder eine andere Meinung, ich persönlich finde beides vollkommen in Ordnung und gut lesbar; das sollte jeder selber entscheiden. Aber man sollte die Möglichkeit wählen, die am besten zu dem eigenen Text passt, und letzten Endes entscheidet der Lektor eines Verlages, welche Variante gedruckt wird, also sollte man sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Wichtig ist nur, dass man das gesamte Manuskript in einer der Versionen schreibt, und nicht alles mischt. |
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Reakel Admin
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| Thema: Re: Gedankengänge, wie stellt man sie dar? So 19 Jan - 10:12 | |
| Bei der Variante Normale Sätze, ohne Wörtliche Rede möchte ich, angeregt von den Schreibübungen, etwas hinzufügen: Es darf auf ein Fragezeichen nie ein Komma folgen! Die Schreibweise - Zitat :
- Habe ich etwas vergessen?, fragte sich Lilli, bevor sie ihre Handtasche abstellte.
ist also falsch. Auch kann man das Komma nicht einfach weglassen, die Version - Zitat :
- Habe ich etwas vergessen? fragte sich Lilli, bevor sie ihre Handtasche abstellte.
ist grammatikalisch falsch, da ein Fragezeichen einen Satz beendet. Die einfachste Alternative ist, einfach den Begleitsatz wegzulassen: - Zitat :
- Habe ich etwas vergessen? Lilli stellte ihre Handtasche ab.
Falls man den Begleitsatz aber unbedingt braucht (aber meist kann man ihn weglassen!), kann man die Frage einfach in die indirekte Rede umformen: - Zitat :
- Ob sie etwas vergessen habe, fragte sich Lilli, bevor sie ihre Handtasche abstellte.
oder - Zitat :
- Lilli fragte sich, bevor sie ihre Handtasche abstellte, ob sie etwas vergessen habe.
- Achtung bei diesem Beispiel:
Es würde das Verständnis des Sinns erschweren (auch wenn man die richtige Lösung anhand der Zeit grammatikalisch ermitteln kann), würde man schreiben: - Zitat :
- Lilli fragte sich, ob sie etwas vergessen habe, bevor sie ihre Handtasche abstellte.
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